Die deutsche literatur |
Index » Die deutsche literatur » GRUNDSITUATION DER LYRIK » Immanenz und Vergegenständlichung Immanenz und VergegenständlichungDer Weg kann in beiderlei Richtung beschritten werden. Die Lyrik von Christian Morgenstern wird sich dem Ver= ständnis nur dann voll erschließen, wenn man ihre beiden Phasen im Zusammenhang sieht. In der ersten Phase ver= legt Morgenstern seine spielerische Phantasie nach außen, in den Gegenstand, und vergeistigt das rein Dingliche auf ähnliche Weise wie Mallarme, wenn er einen Damenfächer mit Versen beschreibt. Das Gedicht empfängt Konsistenz durch den Gegenstand, der — wie im Falle der wandernden 'Trichter" — auch graphisch abgebildet wird. Formspie= lereien mit Gegenständen, die graphisch vergegenständlicht auftreten, sind Begleiterscheinungen eines allegorisch emp= findenden Zeitalters. 'Fenster" und 'brennendes Buch" in Rilkes 'Duineser Elegien" haben wie die 'Trichter" auto= nomen Bedeutungswert. Aber auch der schwebende Dolch in Shakespeares 'Macbeth", die Pistole als feuerspeiende Schlange in Calderons Comedias, die als Requisiten eine selbständige Rolle übernehmen, sind versachlichte, extro= vertierte Embleme des Schicksals. Bei Morgenstern schlug die exoterische versachlichte Mystik in der zweiten Phase — nachdem er in der Lehre Rudolf Steiners den 'Pfad" gefunden hatte —, in Esoterik um. Das 'Tagebuch eines Mystikers" in den 'Stufen" ist der Gegen» schlag auf den Perspektivismus Nietzsches. |